AVIVA-Berlin >
Kunst + Kultur
AVIVA-BERLIN.de im November 2024 -
Beitrag vom 05.04.2012
Und wenn wir alle zusammenziehen? Ein Film von Stéphane Robelin mit Geraldine Chaplin und Jane Fonda. Ab 5. April 2012 im Kino
Nana Nkrumah
Was kann ich tun, wenn ich im Alter nicht mehr für mich sorgen kann? In dieser deutsch-französischen Tragikomödie finden fünf RentnerInnen einen kreativen Weg aus der Misere. Sie gründen eine ...
... Wohngemeinschaft!
Im Zentrum des Films steht das Ehepaar Annie (Geraldine Chaplin) und Jean (Guy Bedos). Die beiden sind Mitte 70, gutgestellte RentnerInnen ohne finanzielle Sorgen. Sie bewohnen eine Villa in einem hübschen Pariser Vorort. Die Kinder sind erwachsen und längst ausgezogen. Das Haus ist Treffpunkt für den Freundeskreis der Eheleute: Das Paar Jeanne und Albert sowie der alleinstehende Fotograf Claude kommen regelmäßig zu Besuch.
Die FreundInnen kennen sich seit über 50 Jahren. Ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein: Annie ist bürgerlich-angepasst, ihr Mann Jean ein politischer Aktivist. Claude ist ein gealterter Möchtegern-Casanova, Jeanne eine Feministin und Albert ein Bonvivant. Obwohl die FreundInnen nicht immer einer Meinung sind, genießen sie die gemeinsame Zeit. Sie trinken Wein und grillen im Garten der Villa, feiern zusammen Geburtstage. Eines Abends kommt Claude (Claude Rich) die Idee, man könne doch zusammenziehen. Die Vorstellung, eine Wohngemeinschaft mit seinen FreundInnen zu gründen, erscheint ihm genial. Während Annie lieber alleine in der Villa bleiben möchte, findet ihr Mann die Idee reizvoll und wirft ihr Egoismus vor. Der Plan wird vorerst auf Eis gelegt. Als Claude jedoch verunglückt und in ein Pflegeheim kommt, setzt Jean sich durch und holt Claude zu sich in die Villa.
Auch das Paar Jeanne und Albert kämpft mit gesundheitlichen Problemen. Jeanne (Jane Fonda) hat erfahren, dass sie eine unheilbare Krankheit hat, ihr Mann (Pierre Richard) leidet an einer beginnenden Demenz. Die Sorge, dass ihr Mann nicht alleine zurechtkommt, wenn sie stirbt, bewegt Jeanne dazu, in das Wohnprojekt einzuwilligen.
Ergänzt wird die Wohngemeinschaft bald von dem deutschen Studenten Dirk (Daniel Brühl), der eine ethnologische Studie über das Altern durchführt. Zwischen ihm und seinen "Forschungsobjekten" entwickelt sich bald eine Freundschaft, so hilft er dem Möchtegern-Casanova Claude bei der Beschaffung seiner Viagra-Pillen. Vor allem mit Jeanne verbringt Dirk viel Zeit. Da Jeanne früher Philosophieprofessorin war, interessiert sie sich für seine wissenschaftliche Arbeit, berät ihn als Mentorin, tauscht sich aber auch über private Probleme mit ihm aus.
Als Albert eines Tages im Keller auf vierzig Jahre alte Briefe stößt, droht das Wohnprojekt zu scheitern. Plötzlich wird klar, dass sich hinter der Fassade der Freundschaft lebenslange Lügen verbergen. Über die Eifersucht siegt letztendlich die Vernunft, denn die FreundInnen wollen sich nicht gegenseitig verlieren und ringen sich zur Versöhnung durch.
Autor und Regisseur Stéphane Robelin setzt in diesem Film das oft verdrängte Thema "Abhängigkeit im Alter" als Kinofilm um. In einem Interview sagte er, dass er beim Schreiben des Drehbuchs an die Hilflosigkeit seiner Großeltern denken musste. Mit der Situation, im Alter kaum noch für sich sorgen zu können, waren sie völlig überfordert. Mit dem Film scheint der Autor eine Antwort auf diese Problematik geben zu wollen, indem er für das Konzept einer Wohngemeinschaft für SeniorInnen wirbt.
AVIVA-Fazit: Wer an einem ruhigen Sonntagnachmittag nach einer leichten Unterhaltung sucht, ist in diesem Film genau richtig. Die Viagra-Witze sind daneben, doch an den meisten Stellen ist die Situationskomik gelungen. Obwohl das Spiel der DarstellerInnen sehr gut ist, wirken die Dialoge streckenweise zu konstruiert, so vor allem die Gespräche zwischen Jeanne und dem Studenten Dirk: Es scheint, als habe der Drehbuchautor versucht, bestimmte Stichworte abzuarbeiten.
Zum Regisseur: Stéphane Robelin begann seine Filmkarriere in den 90ern, zunächst als Drehbuchautor und Regisseur von Kurzfilmen. Später arbeitete er im Bereich des TV-Dokumentarfilms für das französische Fernsehen. Sein erster Spielfilm "Real Movie" (2004) wurde auf dem Dashanzi Underground French Film Festival in Peking prämiert. "Und wenn wir alle zusammen ziehen?" ist sein zweiter Spielfilm.
Und wenn wir alle zusammenziehen?
Et si on vivait tous ensemble?
Frankreich, Deutschland 2011
Buch und Regie: Stéphane Robelin
DarstellerInnen: Jane Fonda, Geraldine Chaplin, Pierre Richard, Claude Rich, Guy Bedos, Daniel Brühl u.a.
Verleih: Pandora
Lauflänge: 100 Minuten
Kinostart: 5. April 2012
Weitere Informationen finden Sie unter:
zusammen.pandorafilm.de
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Halt auf freier Strecke
Der Hals der Giraffe